Das Spiel ist kein Spiel! Buchempfehlung: „Change the Game“

Ich bin mitten im „Change the Game“ und in mir geht es rund. Das ist ein anstrengender und so wichtiger Moment.

„Change the Game“ ist der Titel des neuesten Buchs von Corinna Milborn und Markus Breitenecker (Brandstätter-Verlag). Es geht um nichts anderes als die Veränderung der Welt. Alles dreht sich im Buch zwar zunächst darum, dass sich die beiden AutorInnen gut argumentiert darüber aufregen, dass sich Facebook (inkl Instagram & WhatsApp), Google (inkl Youtube) und Amazon wie große Medienunternehmen aufspielen, indem sie Inhalte zusammenstellen, gewichten und richten, sich aber an kein einziges Mediengesetz der Welt halten. Aber dann geht es eigentlich um die ganze Welt, unsere.

Schrecklich? Ja. Mit Konsequenzen für dich und mich? Ja.

Am Weg zu ihrer Argumentation geben die beiden Einblicke in die Struktur der Social (hahaha) Media (sic!) Unternehmen, sie beschreiben ihre Geschäftspraktiken und -führer; sie schildern deren Weltbilder und Zukunftsvisionen und mir wird Seite für Seite schlechter.

Ich werde so wütend zwischendurch. Diese… jungen, weißen Männer an der Spitze dieser Unternehmen! Mit ihren Allmachtsgelüsten, ihren Weltvorstellungen mit ihnen selbst an der Spitze, irgendwo. grrr. Wut. Sie verändern unsere Welt (Weltveränderung passiert, ich bin nicht prinzipiell dagegen) und umgehen alle Schutzeinrichtungen, die wir (wir, hm? ganz generell) im Laufe der letzten paar Jahrhunderte etabliert haben (mit Erfahrungswerten aus: Inquisition, Hexenverbrennung, Wahlrecht, Weltkriege, Holocaust, …).

Sie übernehmen keine Verantwortung und wachsen, fressen, saugen uns aus und…

Bitte, lies das Buch. Es ist mit weit weniger Aufbrausung geschrieben als ich das im Moment zusammenbringe. Denn mir schwirren tausend Fragen an mich selbst quer durch die Buchzeilen.

Geht es um mich überhaupt?

Was passiert in mir? Ich fühle mich hintergangen und geblendet und habe bereitwillig mitgespielt. Also fühle ich mich noch dazu wahnsinnig naiv und leichtgläubig. Denn alles ist so praktisch, einfach und gut. Das Vernetzen mit FreundInnen zum Beispiel kam mir gerade recht, als ich Freundschaften über Flamenco etablierte und wir ja alle in verschiedenen Ländern sind. Und diese schöne, leichte Art, Bilder zu publizieren, zu teilen und natürlich: Aufmerksamkeit zu erregen. Jemand zu werden. Klick, klick, Adrenalin <3 #sucht.

Gleichzeitig hatte ich ja in den letzten paar Wochen nochmal meinen alten Blog gelesen – eigentlich war er so, wie jetzt mein Facebookprofil ist (oder eher das auf Instagram, aber es ist dieselbe Firma, nur ein anderer Blickwinkel), gemischt mit meinen Tweets. Es war traurig zu sehen, dass mit dem Aufkommen der Plattformen mein Blog so gesprengt wurde. Nein, dass ich ihn gesprengt habe. Blind und leichtsinnig. Sage ich heute. Dabei weiß ich, dass ich nicht leichtsinnig agiert habe – ich bin ewig um die Plattformen herumgekreist und habe Datenschutz, Nutzen, Risiken etc abgewogen. Nur um mich dann dem Sog hinzugeben. Es war schön und praktisch und ich wurde gesehen, gemocht, beherzt, ach, Adrenalin <3 #sucht.

Internet kaputt

Ich liebe das Buch so sehr, weil es ein ganz große Qualität hat: es öffnet meine Augen. Ja sicher, das, was ich im Moment sehe ist nicht schön. Urgs, so garnicht.

Ich stehe mitten im Kaufhaus Facebook, wechsle ab und zu ins Kaufhaus Google und ins Einkaufszentrum Amazon. Und ich glaube, das war es schon. Dabei vergesse ich im Rausch: es gibt eine Online-Welt außerhalb dieser Online-Malls! Die gab es vorher und es soll sie weiter geben, ich muss da nur rausgehen. „Sie sind nicht das Internet – sie machen es kaputt“ steht im Buch. Und ich will das nicht. Es schwirrt so viel Gutes durch das Internet, es gibt so viele Möglichkeiten und Wege. Nicht alle müssen durch diese wenigen Zentren führen, die sagen, sie wären das Internet. Ha!

Was mache ich?

Ich probiere also, wie eine Veränderung meines Medienverhaltens sein könnte.

Muss ich wirklich meine Bilder Facebook schenken und sie auf Instagram posten oder kann ich sie im Blog zeigen? Brauche ich die ganzen virtuellen Herzen tatsächlich so dringend, schnell, klick klick Adrenalin <3 #sucht?

Schaffe ich es, die Zeit zu beschränken, die ich mich dem Sog hingebe, mich hineinspiralisieren lasse?

Finde ich die anderen Geschäfte?

Bitte lies das Buch.

Corinna Milborn und der Markus Breitenecker zeigen auf, wie die Machtkonzentration der Plattformkonzerne unsere Demokratie zerstört und benennen, was wir dagegen tun können. (aus der Pressemeldung)

Das Buch gibt es in allen Buchhandlungen entweder lagernd oder es kann über Buchhandlungen bestellt werden. Dann ist es meist in den nächsten 1-2 Werktagen da. Ja, so schnell geht das.